Sachliche Diskussion über Verkehrslösungen gefordert

12.01.2015

Themengebiet: Wirtschaft und Verkehr

Forderungen nach Südtangente: CDU weist Kritik an Landrat zurück

Bonn/ Rhein-Sieg-Kreis. Seit dem vergangenen Jahr hat der Rhein-Sieg-Kreis einen neuen Landrat, doch dieser sieht sich nun nach seinem jüngsten Engagement für den Bau des „Ennertaufstiegs“ den gleichen Diskussionen ausgesetzt wie sein Vorgänger Frithjof Kühn.

Landrat Sebastian Schuster (CDU) hatte den angekündigten Wegzug der Zurich-Versicherung von Bonn nach Köln zum Anlass genommen, um für den Bau des „Ennertaufstiegs“ zu werben. Hintergrund ist, dass die Versicherungsgruppe ihre Entscheidung gegen Bonn u. a. mit den schlechten Verkehrsanbindungen des Bonner Standorts begründet hatte.

Das Projekt des „Ennertaufstiegs“ bildet zusammen mit dem „Venusbergtunnel“ einen südlichen Autobahnring um Bonn, nämlich eine Straßenverbindung von der A 3 bei Sankt-Augustin-Birlinghoven zur A 565 zwischen Bonn und Meckenheim. Das als „Südtangente“ bekannt gewordene Verkehrsprojekt ist jedoch nicht unumstritten und polarisiert, auch wenn ein gemeinsames Mobilitätsgutachten von Bund und Land aus dem Jahr 2011 der Südtangente die beste Entlastungswirkung bescheinigt hat.

Dennoch hatte der Verein Lebenswerte Siebengebirgsregion umgehend die Initiative von Landrat Schuster als „Konfrontationskurs“ gegen die Stadt Bonn zurückgewiesen und sich dabei vornehmlich auf mögliche Verschlechterungen für die Umwelt und die Lebenssituation der Anwohner gestützt, sollte das Straßenprojekt tatsächlich realisiert werden.

„Diese Reaktion zeigt, wie wichtig eine sachliche Diskussion ist, um Verkehrslösungen zu finden“, moniert nun Oliver Krauß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg. „Sebastian Schuster ist ein Mann des Dialogs und nicht der Konfrontation. Ohnehin ist der Bürger die Konfrontation zwischen Bonn und dem Kreis leid. Wir können nicht wieder jahrzehntelang nach Lösungen suchen“, macht Krauß deutlich. Dabei dürfe es jedoch keine „Denkverbote“ geben. „Auch die enorme Belastung für Umwelt, Anwohner und Pendler der Staustrecken muss berücksichtigt werden.“

„Wir erwarten zu Recht von unserem Landrat, dass er sich im besonderen Maße um die Standortqualität der Region kümmert. Es ist daher richtig, sich mit den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zu befassen. Ich habe allerdings auch bereits die Erfahrung machen müssen, dass eine sachliche Diskussion über die verschiedenen Alternativen oft nicht mehr möglich ist, sobald die Tabubegriffe Südtangente, Venusbergtunnel oder Ennertaufstieg fallen“, so Krauß.

Dabei hätten auch die Koalitionsparteien der schwarz-grünen Koalition im Siegburger Kreistag unterschiedliche Meinungen zur Südtangente, würden diese aber gegenseitig respektieren. Im Koalitionsvertrag sei ferner vereinbart, dass zunächst abgewartet wird, ob der Bund die Projekte „Ennertaufstieg“ und „Venusbergtunnel“ wieder in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen wird.

„Gegebenenfalls werden wir alle Möglichkeiten in einem breiten Bürgerbeteiligungsverfahren mit den Bürgern des Kreises erörtern“, verweist Krauß auf eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Dabei wolle man selbstverständlich auf die Einwände der fehlenden Umweltverträglichkeit der Südtangente eingehen.

„Die Begründung der Zurich-Gruppe für den Weggang aus der Bundesstadt Bonn ist aber eindeutig und ein Alarmsignal“, so Krauß. Es gehe nicht um eine schlechte innerstädtische Autobahnverbindung, wie der Verein Lebenswerte Siebengebirgsregion gemutmaßt habe: „In der Stellungnahme der Zurich heißt es, dass die Domstadt über bessere Verkehrsverbindungen zum Rhein-Main-Gebiet verfüge, wo das Unternehmen zwei wichtige Standorte unterhält. In Bonn fehle sowohl die ICE-Verbindung als auch eine direkte Zufahrt zur A 3. Um die innerstädtische Autobahnanbindung geht es also nicht.“ Auch die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg teile diese Auffassung.

Der sechsspurige Ausbau der A 565 sei aber auch nach Auffassung der Sachverständigen nicht geeignet, der dortigen Stauproblematik wirkungsvoll zu begegnen. Diese Maßnahme würde mindestens 450 Mio. EURO kosten. Bei der bisherigen gutachterlichen Negativbewertung der Nutzen-Kosten-Relation, sei es überhaupt fraglich, ob der Bund für den sechsspurigen Ausbau Gelder bereitstellt.

Auch zu den vom Verein Lebenswerte Siebengebirgsregion bemängelten fehlenden Verknüpfungen im Schienenverkehr äußerte sich Krauß: „Selbstverständlich treten wir weiterhin entschieden für einen konsequenten Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und vor allem für die dafür erforderliche Finanzausstattung durch Bund und Land ein.“ Krauß, der auch Vorsitzender der CDU-Fraktion beim Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) ist, räumte aber zugleich ein: „Der Personennahverkehr kann nur einen überschaubaren Teil der vorhandenen Verkehrsprobleme lösen.“

Wenigstens herrsche in einem Punkt Einigkeit: „Allen Beteiligten ist klar, dass etwas passieren muss.“